Der Bundesverband Deutscher Patentanwälte (BDPA) begrüßt die Ausweitung des Schutzes geographischer Herkunftsangaben. Im Kontext der Globalisierung und Digitalisierung haben die Rechte an geistigem Eigentum stark an Bedeutung gewonnen und gehören zu den wichtigsten Ressourcen vieler Unternehmen. Geistiges Eigentum ist damit das Kapital unserer wissensbasierten und zukunftsorientierten Gesellschaft. Aber auch dem kulturellen Eigentum, also lokalen Spezialitäten wie Weine, Spirituosen und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse wie z.B. Fleisch- und Käsespezialitäten (Thüringer Bratwurst, Schwarzwälder Schinken, Harzer Rolle, Bayrischer Obatzer, usw.), kommt zunehmend eine besondere wirtschaftliche Bedeutung zu.
Vor diesem Hintergrund unterstützt der BDPA ausdrücklich das Anliegen des Gesetzentwurfs, geografische Angaben bei Agrarerzeugnissen sowie handwerklichen und industriellen Erzeugnissen besser schützen zu wollen und ihre Eintragung zu erleichtern.
Die Ausweitung des Schutzes über die bislang rechtlich geschützten Produktgruppen der landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf handwerkliche sowie industrielle Erzeugnisse erachten wir als angemessen. Auch die damit einhergehende EU-weite Harmonisierung und die Ablösung der bislang sehr unterschiedlichen Regelungen der einzelnen Länder bewerten wir sehr positiv.
Zu den einzelnen Regelungen:
Für die nationale Phase und für die Anträge in Bezug auf die internationale Registrierung bereits eingetragener geographischer Angaben müssen die Mitgliedstaaten nach der zugrundeliegenden Verordnung jeweils eine zuständige Behörde festlegen und benennen. Nach dem „Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Reform und Erweiterung des Schutzes geografischer Angaben“ wird diese Aufgabe dem Deutschen Patent und Markenamt (DPMA) übertragen. Dies unterstützt der BDPA, wird hier doch die Expertise gebündelt und die bereits bestehende Infrastruktur effektiv genutzt. Ausschlaggebend wird in diesem Zusammenhang aber sein, dass der veranschlagte Stellenaufbau beim DPMA in der Praxis auch tatsächlich erfolgt. Der Entwurf sieht Personalkosten beim Deutschen Patent- und Markenamt in Höhe von 125.000 Euro/Jahr ab dem Jahr 2026 vor. Diese Summe scheint zu niedrig angesetzt zu sein. Es sollte im Vorfeld dringend geklärt werden, ob die erwartete Anzahl der Anträge zügig und fundiert mit der für diese Aufgabe aufzustockenden Personaldecke bearbeitet werden kann, damit eine effektive und effiziente Bearbeitung der Anträge erfolgen kann. Dabei darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG schon im Marken-Eintragungsverfahren als absolutes Schutzhindernis zu prüfen ist, ob angemeldete Marken von der Eintragung ausgeschlossen sind, weil sie nach deutschem Recht, nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach bestimmten internationalen Übereinkommen, die Ursprungsbezeichnungen und geographische Angaben schützen, von der Eintragung ausgeschlossen sind. Damit geht mit der Ausweitung des Schutzes geographischer Angaben auch ein erhöhter Prüfungsaufwand beim Eintragungsverfahren von Marken einher, der einen erhöhten Personalbedarf und entsprechende Schulungen erfordert.
Der BDPA begrüßt auch, dass gemäß § 38 alle Klagen, durch die ein Anspruch aus § 29 dieses Gesetzes geltend gemacht wird, als Verfahren in Kennzeichenstreitsachen im Sinne des Teils 8 des Markengesetzes gelten und sich die Beteiligten gemäß § 39 in Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, die sich aus Schutzbezeichnungen ableitende Schutzrechte betreffen, durch einen Patentanwalt vertreten lassen können. Dies ist im Hinblick auf die Möglichkeit der Vertretung der Beteiligten durch Patentanwältinnen und Patentanwälte in Registrierungsverfahren sachgerecht. Der BDPA befürwortet zudem, die Vertretungsbefugnis auch auf andere Bereiche, wie Rechtsmittel gegen Beschlagnahme und Einziehung gemäß § 151 MarkenG, auszuweiten.
Die Mitgliedstaaten sollen die genauen Verfahrensmodalitäten der nationalen Phase festlegen, für ein effizientes, vorhersehbares sowie zügiges Verwaltungsverfahren sorgen und Informationen über dieses Verfahren öffentlich zugänglich machen. Grundsätzlich ist eine vergleichbare Ausgestaltung des Verfahrens der Eintragung und des Schutzes geographischer Herkunftsangaben für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse mit dem Verfahren für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu begrüßen, da hierdurch ein einheitliches System geschaffen wird.
Gemäß dem Änderungsvorschlag, § 130 Abs. 6 MarkenG, macht das Deutsche Patent- und Markenamt für jedes Eintragungsverfahren auf seiner Internetseite bestimmte Angaben zugänglich. Das DPMA führt bereits jetzt ein Register über die bestehenden geographischen Herkunftsangaben und veröffentlicht dieses Register auf seiner Homepage unter https://register.dpma.de/DPMAregister/geo/liste/doFetchGeoDataList. Der BDPA geht davon aus, dass das DPMA auch die neu hinzukommenden geographischen Herkunftsangaben in diesem Register führen und veröffentlichen wird. Dieses würden wir im Interesse eines einheitlichen Registers begrüßen.
Ferner sieht Artikel 13 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2023/2411 vor, dass der Antrag auf Registrierung einer geographischen Herkunftsangabe bestimmte Mindestangaben enthalten muss. Es sollte in § 130 Abs. 6 MarkenG klargestellt werden, dass die Angaben nur zugänglich gemacht werden, sofern diese Mindestanforderungen erfüllt sind.
Die Klagebefugnis gemäß § 135 MarkenG wird neu gefasst. Im Gegensatz zum bestehenden Recht, werden „gemäß § 8 Absatz 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigte“, also sogenannte Abmahnvereine, nicht mehr klageberechtigt sein. Dies ist im Hinblick auf die Betrachtung der Verletzung geographischer Herkunftsangaben als Kennzeichnungsrecht nur konsequent. Hinzugekommen als Klageberechtigte sind Erzeuger, nicht nur Erzeugervereinigungen, denen ein Nutzungsrecht an der geografischen Angabe im Sinne des Artikels 47 der Verordnung (EU) 2023/2411 zusteht. Jeder Erzeuger ist klageberechtigt, dem ein Nutzungsrecht an der geografischen Angabe im Sinne des Artikels 47 der Verordnung (EU) 2023/2411 zusteht. Der einzelne Erzeuger ist insofern nicht darauf angewiesen, dass die Erzeugervereinigung tätig wird. Dies befürworten wir sehr.
Darüber hinaus sind auch nach der Handwerksordnung errichtete Organisationen und Industrie- und Handelskammern klageberechtigt.
Die Klagebefugnis der Erzeugervereinigungen erstreckt sich gemäß § 135 MarkenG allerdings nur auf diejenige, in deren Namen die geschützte geographische Angabe in das Unionsregister eingetragen wurde. Es ist jedoch im Ausland nicht unüblich, dass auch anderen Erzeugervereinigungen per Gesetz oder Verordnung eine Klagebefugnis eingeräumt wird. Diesen Erzeugervereinigungen sollte auch eine Klagebefugnis eingeräumt werden; es sollte zumindest sichergestellt werden, dass diese Klagebefugnis auch an andere Erzeugervereinigungen als diejenigen, in deren Namen die geschützte geographischen Angabe eingetragen wurde, abgetreten werden kann.
Den Klageberechtigten (Aktivlegitimierten) stehen auch Vernichtungs- und Rückrufansprüche gemäß § 18 MarkenG, ein Auskunftsanspruch gemäß § 19 MarkenG, Vorlage- und Besichtigungsansprüche gemäß § 19a MarkenG und ein Anspruch auf Urteilsbekanntmachung gemäß § 19c MarkenG zu. Der BDPA begrüßt, dass die Klagebefugnis nicht auch auf Wettbewerber ausgedehnt wurde, denn dies wäre im Hinblick auf die Natur des Schutzes geographischer Angaben nicht angezeigt. Im Übrigen bleiben gemäß § 135 Abs. 3 MarkenG Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb unberührt, woraus sich in bestimmten Konstellationen durchaus auch ein Anspruch für Wettbewerber – unter engen Voraussetzungen – ergeben könnte.
Die Mitgliedstaaten müssen wirksame, verhältnismäßige sowie abschreckende Sanktionen bei Verstößen gegen die Verordnung einführen und für einen effektiven Schutz geographischer Angaben gegen Verletzungshandlungen sorgen. Das „Gesetz zur Durchführung der Reform und Erweiterung des Schutzes geographischer Angaben“ sieht vor, dass die bislang geltenden Straftatbestände (§ 144 MarkenG) nurmehr als Bußgeld Tatbestände in § 145 MarkenG integriert werden. In der Gesetzesbegründung wird dies unter anderem damit begründet, dass bislang nach der bisherigen Rechtslage keine Strafverfahren eingeleitet worden seien. Dies rechtfertige die Herabsetzung der Sanktion.
Dass bislang keine Strafverfahren nach der bisherigen Rechtslage eingeleitet worden sind, rechtfertigt nach Ansicht des BDPA keinesfalls einen vollständigen Verzicht auf strafrechtliche Sanktionen. Dass tatsächlich von den gesetzlich vorgesehenen strafrechtlichen Sanktionen Gebrauch gemacht wird, ist auch im Markengesetz oder im Patentgesetz eher die Ausnahme. Doch zur Bekämpfung der Produktpiraterie ist die Möglichkeit der Verhängung strafrechtlicher Sanktionen unerlässlich. Die Behandlung einer Verletzung als Ordnungswidrigkeit sollte daher auf fahrlässige Verletzungen beschränkt bleiben.
Um die Rolle der Erzeugervereinigungen zu stärken, haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Erzeugervereinigungen als sog. „anerkannte Erzeugervereinigungen“ mit ausschließlichen Rechten zu benennen, die im Namen aller Erzeuger des mit einer geografischen Angabe versehenen Produkts ausgeübt werden können. Von dieser Möglichkeit macht das Umsetzungsgesetz Gebrauch. Dies begrüßt der BDPA, wird hier doch wieder ein Schritt zur Stärkung der Rechte der Inhaber umgesetzt.
Das Eintragungsverfahren für geografische Angaben wird vereinfacht und eine feste Frist von sechs Monaten für die Prüfung neuer geografischer Angaben festgelegt. Eine solche feste Frist – die allerfings auch die maximale Dauer festlegt und durchaus unterschritten werden kann – ist sinnvoll, gibt dies doch in einem zeitlich abschätzbaren Rahmen Rechtssicherheit. Es muss allerdings sichergestellt werden, dass eine solche Frist auch personell vom DPMA – auch nach Einholung diverser Gutachten – einzuhalten ist.