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Weißt Du, wieviel Patente stehen an dem blauen Himmelszelt? – Patentrechtliche Überlegungen am Sternenhimmel

Es wird davon ausgegangen, dass die globale Weltraumwirtschaft in den nächsten zehn Jahren ein Volumen von etwa 1,8 Billionen Dollar erreichen wird.[1] Nach einer entsprechenden Studie des World Economic Forum soll dieses Wachstum größtenteils auf weltraumgestützten und/oder weltraumfähigen Technologien wie Kommunikation, Ortung, Navigation und Zeitmessung sowie Erdbeobachtung beruhen.

Entsprechend drängen sich dem Patentanwalt viele Fragen auf: Welche Herausforderungen bringt das Patentrecht im Weltraum mit sich? Welche Arten von Weltraumerfindungen gibt es überhaupt und wie könnte Deutschland von einer Anpassung des Patentrechts profitieren?

Denn in Deutschland sind sowohl die öffentlichen als auch die privaten Investitionen im Vergleich zu führenden Raumfahrtnationen wie den USA, China oder Frankreich deutlich geringer. Im Zeitraum von 2016 bis 2020 war Deutschland mit einem Anteil von 8 % weltweit der fünftgrößte Anmelder von Patenten in weltraumbezogenen Technologien, die mehrheitlich von privaten Unternehmen entwickelt wurden (76,9 %).[2] Es liegt deshalb wohl auf der Hand, den teilweise speziellen Bedürfnissen dieses Wirtschaftszweigs nachzukommen.

Die speziellen Bedürfnisse werden beispielsweise mit Hinblick auf eines der Grundprinzipien im Patentrecht – dem Territorialitätsgrundsatz – deutlich.  Dabei sind unter anderem die im Folgenden kategorisierten Arten von Weltraumerfindungen zu beachten:

  1. Erfindungen, die auf der Erde gemacht wurden, aber für den Einsatz im Weltraum bestimmt sind.
  2. Erfindungen, die im Weltraum gemacht wurden, aber für den Gebrauch auf der Erde bestimmt sind.
  3. Erfindungen, die im Weltraum gemacht wurden und zur Verwendung im Weltraum bestimmt sind.

Bei Erfindungen zu einer dieser Arten ist aus patentrechtlicher Sicht spannend, ob der Staat, der einen erfundenen Weltraumgegenstand in den Weltraum sendet, für Verletzungsfragen zuständig ist. Derzeit wird in der Literatur aufgrund noch mangelnder Fallbeispiele meist eine Parallele zu dem internationalen Seerechtsübereinkommen oder dem Antarktisvertrag gezogen. Würde ein United Space Patent Court heute schon für solche zukünftigen Fragen Rechtssicherheit schaffen?  Weitere Fragen stellen sich auch aus praktischer Sicht, nämlich wie man eine Verletzungshandlung nachweist?  All diesen Überlegungen vorangestellt: Es fehlt bereits an einer harmonisierten Definition des Begriffs „Weltraum“ aus patentrechtlicher Sicht.

Einen spannenden und detaillierteren Einblick aus patentrechtlicher Perspektive bietet Kollege PA Wolfram Schlimme in seinem Artikel „Patentschutz im Weltraum“.[3] Schlimme empfiehlt darin zur Verbesserung der Rechtssicherheit von weltraumbezogenen Erfindungen, die Aufnahme entsprechender nationaler und regionaler Regelungen schon heute vorzunehmen. Eine Regelung der Erstreckung des (irdischen) Patentschutzes in den Weltraum oder überhaupt eine Definition des Begriffs „Weltraum“ und insbesondere eine zuverlässige Festlegung, wann oder ab welcher Höhe man sich überhaupt im Weltraum befindet, sind spannende Beispiele. Aber auch die Harmonisierung mit dem Patentrecht der USA (U.S.C 35 § 105) oder Frankreich (Artikel L611-1) könnte ein vielversprechender Ansatzpunkt sein, insbesondere dahingehend, ob sich bewährte Aspekte dieser Regelungen auch für das deutsche Patentgesetz anbieten würden.

Neben der Klärung ganz irdischer und bodenständiger Herausforderungen – gerade mit Hinblick auf ein mögliches 3. Patentrechtsmodernisierungsgesetz – erarbeitet der Bundesverband Deutscher Patentanwälte bereits jetzt Positionen für dieses eher futuristisch anmutende Thema, um die Investitionen in Deutschland auch durch eine entsprechende Anpassung des Patentrechts weiter zu fördern und zu unterstützen.

Dieser Artikel stammt von der BDPA-Seite der Februarausgabe der GRUR Patent.

[1] Alizée Acket-Goemaere et al. “Space: The $1.8 trillion opportunity for global economic growth” abrufbar unter: https://www.mckinsey.com/industries/aerospace-and-defense/our-insights/space-the-1-point-8-trillion-dollar-opportunity-for-global-economic-growth.

[2] The Space Economy in Figures: Responding to Global Challenges, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/fa5494aa-en; abrufbar unter: https://www.oecd.org/en/publications/the-space-economy-in-figures_fa5494aa-en.html .

[3] Schlimme, Wolfram, „Patentschutz im Weltraum“, in: „Mitteilungen der deutschen Patentanwälte“, Jahrgang 2014, Heft 8/9, S. 363-378