
Detlef von Ahsen, © BDPA
Die Jubiläumsveranstaltung des BDPA Herbstseminars stand ganz im Zeichen der aktuellen Rechtsprechung zu Patenten, Marken und Designs, wobei Karlsruhe nicht nur Veranstaltungsort, sondern Programm war: Der Bundesgerichtshof, der in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen feiert, gewährte umfangreiche Einblicke in aktuelle Verfahren und Urteile des I. und X. Senats. Und das aus erster Hand, erläuterten doch die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden Richterinnen und Richtern der mit dem gewerblichen Rechtsschutz betrauten Senate die Sichtweisen, Akzente und Kontroversen bei der Urteilsfindung des BGH. Und auch die Rechtsprechung des Einheitlichen Patentgerichts wurde entsprechend durchleuchtet.
Dr. Klaus Bacher, Vorsitzender Richter des X. Senats, sprach zur Anspruchsauslegung und zu Nichtigkeitsgründen. Die Auslegung des Patentanspruchs stehe am Anfang einer jeden Beurteilung. Dabei betonte er, dass der Bundesgerichtshof immer auch die Beschreibung zur Auslegung der Patentansprüche heranziehe und nicht nur im Falle von Unklarheiten. Bacher stand auch zu der bisherigen Rechtspraxis, dass die Patentschrift ihr eigenes Lexikon sein könne. Dies wurde am Beispiel der funktionellen Auslegung von Begriffen im Patentanspruch am Beispiel einer Waage und einer Kamera erläutert. Am Beispiel eines Abstandsmessers thematisierte Bacher unter anderem Aspekte der erfinderischen Tätigkeit und betonte, dass bei deren Beurteilung die relevanten Kenntnisse des Fachmanns in Bezug auf die Ausführbarkeit der Erfindung durchaus andere sein können als bei der erfinderischen Tätigkeit selbst, da bei letzterer die Kenntnisse aus dem Patent berücksichtigt werden müssten.

Dr. Hermann Deichfuß, ©BDPA
Dr. Hermann Deichfuß, stellv. Vorsitzender Richter des X. Senats, referierte im Anschluss zu aktuellen Nichtigkeits- und Patentverletzungsverfahren, wobei neues Vorbringen in der Berufungsinstanz thematisiert wurde, wie z.B. das Einreichen weiterer Hilfsanträge. Am Beispiel einer Bremsanlage rückten die Schiedsgerichtsbarkeit und die Befugnisse des Schiedsgerichts in den Fokus: Kann das Schiedsgericht über den Rechtsbestand eines Patents entscheiden? Der BGH verneinte im vorliegenden Fall, da die Schiedsabrede nicht die Beurteilung des Rechtsbestands umfasste.
Die Rechtsprechung des BGH zu Markenrecht und geografischen Herkunftsangaben stand im Mittelpunkt des Vortrages von Jörn Feddersen, stellv. Richter des I. Senats. Anhand des VW Bulli wurden die Ähnlichkeit von Waren und die rechtserhaltende Benutzung einer Marke erörtert. Die Abgrenzung einer bloßen Berechtigungsanfrage zu einer Abmahnung wurde im Anschluss ebenso thematisiert wie Fragen zum Anspruch auf Bekanntmachung des Urteils. Weiter ging es mit dem Titelschutz, wo es darum ging, unter welchen Umständen Werke als vergleichbar angesehen werden. Schließlich wurden auch Fragen zur Vollstreckung des Auskunftsanspruchs und Besetzungsrügen angesprochen.
Entscheidungen des Bundesgerichthof zu geografischen Herkunftsangaben wurden unter anderem am Beispiel des Schwarzwälder Schinkens und seiner Produktionsbedingungen bei Schnitt und Verpackung im Vergleich zum Parmaschinken ausgeführt.
Um Design- und Wettbewerbsrecht ging es im Vortrag von Babette Pohl, Richterin des I. Senats. So erläuterte sie am Beispiel der Unterseite eines Fahrradsattels und dessen bestimmungsgemäßer Verwendung als Bauelement eines Fahrrades Fragen der Sichtbarkeit von Bauelementen komplexer Erzeugnisse i.S.d. § 4 DesignG. Aspekte der wettbewerblichen Eigenart in Hinblick auf den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz unter Berücksichtigung von technisch notwendigen Merkmalen und einer gestalterischen Grundidee wurden ebenfalls thematisiert.
Die Besonderheiten der europäischen Gerichtsbarkeit am EPG

Ulrike Voß, ©BDPA
Neben dem ausführlichen Blick zum BGH stand die Rechtsprechung des EPG auf dem Programm des diesjährigen Herbstseminars. Ulrike Voß, Vorsitzende Richterin der Zentralkammer in München und der Lokalkammer München, betonte die Besonderheiten des europäischen Gerichts, wobei nationales Recht nicht ausschlaggebend sei. Das EPGÜ habe beispielsweise eigene Normen für die Erschöpfung von Patentrechten. Entscheidungen des EPG würden zudem aus unterschiedlichen nationalen Perspektiven mitunter auch unterschiedlich aufgenommen.
Voß verwies zudem darauf, dass die Auslegung eines Patentanspruchs eine Rechtsfrage sei, die das EPG vornehmen muss, und keinem Sachverständigen übertragen werden dürfe. Daher seien eingereichte Privatgutachten zur erfinderischen Tätigkeit nur von begrenztem Wert in Verfahren vor den EPG, obwohl sie natürlich zur Kenntnis genommen würden. Auslegungsgrundsätze gelten gleichermaßen für die Beurteilung der Verletzung und des Rechtsbestands. Im Folgenden ging sie am Beispiel eines Wasserfiltersystems mit Ventil unter anderem auf Zweckangaben und Nichtigkeitsgründe ein. Die Frage nach dem Zeitpunkt des Vortrags war von besonderem Interesse. Hier zeigt sich, dass das EPG die Verspätungsregeln sehr ernst nimmt.
Zum Schluss des diesjährigen Herbstseminars führte der Direktor des Deutschen Referenzzentrums für Ethik in den Biowissenschaften, Prof. Dr. Dirk Lanzerath, durch philosophische Fragen zur Relevanz der Ethik für Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft sowie zur Verantwortung der modernen Forschung und Wissenschaften.