Die wirtschaftlichen Veränderungen, die mit der Digitalisierung einhergehen, sowie der Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union und die damit verbundenen Auswirkungen auf das Patentwesen waren die bestimmenden Themen des diesjährigen Parlamentarischen Abends des Bundesverbandes Deutscher Patentanwälte.
Angesichts der zähen Brexit-Verhandlungen und des noch immer nicht absehbaren Starts des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) werden die Fragen, wie es im nächsten Jahr weitergehen wird, zunehmend lauter. Dass Großbritannien den EPG-Vertrag wie angekündigt doch noch ratifizieren wird, scheint fraglich. Zudem ist nicht absehbar, wann das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde gegen das Vertragsgesetz zum Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht (EPGÜ) entscheiden wird.
Dennoch ist der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christian Lange überzeugt, dass die Beschwerde nicht erfolgreich sein wird:
„Wir haben diese eingehend geprüft und sind zu dem klaren Ergebnis gekommen, dass das Übereinkommen in keiner Weise verfassungsrechtlich zu beanstanden ist. Nicht nur die Bundesregierung sondern auch die Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundestages haben in diesem Verfahren Stellung genommen und kommen zu demselben Ergebnis.“
Der gewerbliche Rechtsschutz in den Brexit-Verhandlungen
Aber auch ohne die Unsicherheiten um das Einheitliche Patentgericht fehlt es an Klarheit. Unionsschutzrechte wie Unionsmarke oder Gemeinschaftsgeschmacksmuster sind Gegenstand der Austrittsverhandlungen. Es gilt die Bestandsrechte zu sichern und in nationales britisches Recht zu überführen. Die dahingehenden Vorschläge im Entwurf des Brexit-Vertragstextes sehen eine pragmatische Lösung vor. Dennoch befürchtet BDPA-Präsident Martin Tongbhoyai, dass prinzipielle Differenzen, die nichts mit dem gewerblichen Rechtsschutz zu tun haben, einer vernünftigen Einigung möglicherweise im Wege stehen könnten. Die Gefahr eines harten Brexit bestehe nach wie vor:
„Es ist nicht hinnehmbar, dass insbesondere der deutsche Mittelstand jahrelang auf das Bestehen eines Unionsschutzrechts in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union vertraut hat, dass er seine Schutzrechtsstrategie dahingehend ausgerichtet und im Bereich der Marke und des Designs ausschließlich Unionschutzrechte angemeldet hat […] und bei einem harten Brexit plötzlich von heute auf morgen kein Schutzrecht mehr im Vereinigten Königreich hat, obwohl er stets darauf vertraut hat, eines zu haben. Das kann und darf nicht sein.“
Der gewerbliche Rechtsschutz ist aus wirtschaftlicher Sicht ein wichtiger Aspekt bei den Brexit-Verhandlungen und darf durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union keinen Schaden nehmen – im deutschen, im europäischen und im britischen Interesse.
Die Herausforderungen der Digitalisierung
Nicht nur der Brexit, auch die Auswirkungen der sogenannten Industrie 4.0 auf den Wirtschaftsstandort Deutschland werden in der Patentanwaltschaft derzeit intensiv diskutiert. Die Digitalisierung modifiziert nicht nur Kommunikation und Arbeitsprozesse, sondern auch den gewerblichen Rechtsschutz. Martin Tongbhoyai verweist in diesem Kontext auf die Schnelllebigkeit der heutigen Arbeitswelt:
„In Zeiten von Digitalisierung und schnellem Internet, in Zeiten, in denen wirtschaftliche Entscheidungen von Unternehmen rasch getroffen werden müssen, in Zeiten, in denen ein Informationsaustausch praktisch im Sekundenrhythmus per E-Mail und Textnachrichten erfolgt, in diesen Zeiten darf und kann es nicht sein, dass Verfahren bei den für den gewerblichen Rechtsschutz zuständigen Behörden und Gerichten praktisch im Schneckentempo vorangehen.“
Deswegen setzt sich der Bundesverband Deutscher Patentanwälte vor dem Hintergrund von immer längeren Verfahrensdauern insbesondere beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) und beim Bundespatentgericht (BPatG) für eine adäquate technische und vor allem personelle Ausstattung der Behörden und Gerichte ein. Die Politik müsse dringend für die finanziellen Mittel sorgen, um Planstellen für Prüferinnen und Prüfer beim DPMA und Richterinnen und Richter beim BPatG einzurichten, um den immer längeren Verfahrensdauern entgegenzuwirken, fordert BDPA-Präsident Tongbhoyai.
Der gewerbliche Rechtsschutz ist ein Garant für Innovation und Investition, sichert Arbeitsplätze und fördert den Wirtschaftsstandort Deutschland. Dieses Erfolgsrezept sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden.