Historische Patente, Marken und Designs

130 Jahre „Made in Germany“ – vom Makel zum Must-have

Der „Merchandise Marks Act“, ein am 23. August 1887 vom britischen Parlament beschlossenes Handelsmarkengesetz, schrieb eine Kennzeichnung von Produkten aus fremden Ländern vor, um England vor Billigimporten zu schützen. Insbesondere die Messerhersteller in Sheffield störten sich an Imitaten aus Deutschland. Das „Made in Germany“ war geboren.

Die Herkunftsangabe sollte vom Kauf minderwertiger deutscher Produkte abhalten. Das ursprünglich abwertend gedachte Label hatte aber schon kurz nach der Einführung seine stigmatisierende Wirkung verloren, denn mit der in Deutschland einsetzenden Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts stiegen schnell auch Standards und Qualität bei den produzierten Waren. Im Gegensatz zur ursprünglichen Intention schätzten die Briten – und nicht nur die – bald Produkte „Made in Germany“. Nach dem Zweiten Weltkrieg verhalf nicht zuletzt der Export Deutschland zum wirtschaftlichen Wiederaufbau. Der VW-Käfer galt als das Symbol des Wirtschaftswunders – made in Germany.

Die deutsche Herkunftsbezeichnung ist bis heute bei Verbrauchern weltweit hoch angesehen. Laut einer aktuellen Studie, bei der das Statistikportal Statista in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen Dalia Research weltweite „Country Brands“ verglichen hat, landet Deutschland beim „Made-in-Country-Index“ auf Platz eins vor der Schweiz und der Europäischen Union. „Made in Germany“ ist eine klare Erfolgsgeschichte. So ist es nicht verwunderlich, dass 2004 ein Vorstoß der EU, die verschiedenen Länderkennzeichnungen durch ein „Made in the EU“ zu ersetzen, am Protest der Mitgliedsländer, allen voran Deutschland, scheiterte.

Wofür steht das „Made in Germany“?

Im Zuge einer zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft werden mittlerweile die wenigsten Produkte ausschließlich in Deutschland gefertigt. Auch die Aushängeschilder der deutschen Autoindustrie, Daimler, BMW und VW, lassen international produzieren. Zudem ist die Verwendung des Labels freiwillig. Was sind also die Voraussetzungen, um Waren mit einem „Made in Germany“ versehen zu können?

Im Sinne des Markengesetzes ist das „Made in Germany“ keine formal registrierte Herkunftsangabe. Dennoch kann das Label nicht willkürlich genutzt werden.
Bei entsprechend gekennzeichneten Waren muss im Produktionsablauf deutlich mehr als nur der abschließende Verpackungsprozess in Deutschland stattfinden, nämlich wirtschaftlich und produktionstechnisch wesentliche Be- und Verarbeitungsschritte. Die Herkunftsbezeichnung muss hinsichtlich der hierzulande üblichen Standards einer Überprüfung vor Gericht standhalten können. Forderungen, dass mindestens 51 Prozent der verwendeten Teile oder 50 Prozent der Wertschöpfung aus Deutschland kommen müssen, haben sich jedoch nicht durchgesetzt.
Die Entscheidungen erfolgen jeweils auf den Einzelfall bezogen. Wurde nicht in ausreichendem Umfang in Deutschland produziert, stellt die Verwendung der Bezeichnung „Made in Germany“ eine Täuschung der Verbraucher dar und ist auf Grundlage des Wettbewerbsrechts rechtlich angreifbar. Möglich sind auch Ansprüche von Verbrauchern selbst, wenn sie in ihrer Kaufentscheidung wesentlich durch die unberechtigte Verwendung der Bezeichnung getäuscht wurden.

Ungeachtet der nicht eindeutig geregelten gesetzlichen Vorgaben wird die Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“ vom Verbraucher gleichgesetzt mit Qualität, kontrollierten Produktionsbedingungen sowie hohen Verarbeitungsstandards und hochwertigen Materialien.
Die jüngsten Skandale in der Autoindustrie nähren Befürchtungen, dass dadurch das Label „Made in Germany“ in seinem Ansehen belastet werden könnte. Denn die deutsche Autoindustrie gilt traditionell als Aushängeschild für den fortschrittlichen technischen Entwicklungsstand der Produkte aus Deutschland. Aber bisher hat „Made in Germany“ in seiner 130jährigen Geschichte schon viele Herausforderungen erfolgreich überstanden.