Historische Patente, Marken und Designs

Meilenstein auf dem Weg zum bargeldlosen Bezahlen

Sie gilt als eine der wichtigsten deutschen Erfindungen: die Chipkarte. Am 10. September 1969 meldeten der Ingenieur Helmut Gröttrup und sein Geschäftspartner, der gelernte Radiomechaniker Jürgen Dethloff das Patent für einen „Identifizierungsschalter“ beim Deutschen Patent- und Markenamt an – mit Priorität 13. September 1968, dem Anmeldedatum in Österreich. Dort wurde das Patent im Mai 1970, wie damals am österreichischen Patentamt üblich, ohne Prüfung erteilt, in Deutschland mit Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit am 01. April 1982. Patent DE1945777C3 reduzierte dabei den Patentschutz weitgehend auf die Inhalte einer früheren Patentanmeldung aus dem Jahr 1967, die Gröttrup als Erfinder nennt. DE1574074 bezieht sich auf einen „nachahmungssicheren Identifizierungsschalter“ auf Basis eines monolithisch integrierten Halbleiters.

Das flache Plastikstück mit integriertem Schaltkreis hat nicht nur den Zahlungsverkehr revolutioniert. Der Chip ist heute allgegenwärtig, ob in Geld-, Ausweis- oder Gesundheitskarten, in SIM-Karten für Mobiltelefone oder im Autoschlüssel. Im Gegensatz zu modernen Mikroprozessorkarten hat die klassische Chipkarte nur einen beschreib- und lesbaren Datenspeicher und wird heute u.a. zur Speicherung biometrischer Daten genutzt. Den Chip schützt das Chipkartenmodul, die sichtbare viereckige, goldene Metallfläche.

Der „nachahmungssichere Identifizierungsschalter“ beinhaltet elektronische Bausteine, die „nicht durch diskrete Bauelemente nachahmbar“ sind, weil sie durch integrierte Zähler dynamisch variiert werden. Dieser integrierte Schaltkreis ist für die Datenspeicherung zuständig und kann nicht einfach ausgelesen werden. Die Erfindung ergänzten Gröttrupp und Dethloff mit weiteren technischen Ausführungsformen und meldeten sie 1968/69 erneut zum Patent an. Das war möglich, da das vorherige Patent zu dem Zeitpunkt noch nicht veröffentlicht worden war.

Helmut Gröttrup, Jahrgang 1916, arbeitete während des Zweiten Weltkrieges und danach als sowjetischer Deportierter als Steuerungsfachmann in der Raketenentwicklung. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 1953 ging er als Informatiker zu der Firma Standard Elektrik Lorenz des Kybernetikers Karl Steinbruch.1957 prägten sie dort den Begriff „Informatik“. 1966 meldete Gröttrup dann seinen ersten „Identifikationsschalter“ zur Zapfsäulenbenutzung an Tankstellen zum Patent an.

Jürgen Dethloff, Jahrgang 1924, stellte nach einem Fernstudium der Elektrotechnik zunächst Sprech- und Kommandoanlagen für Schiffe her, bevor er sich 1966 mit Gröttrup zusammentat. Er gilt als Erfinder der Mikroprozessorkarte, die er 1977 zum Patent anmeldete.

Auch wenn es nach der Erfindung von Gröttrupp und Dethloff noch weitere zehn Jahre dauerte, bis 1979 der Konzern Giesecke & Devrient die erste Chipkarte im heutigen Scheckkartenformat anfertigten, der Grundstein für das Kartenzeitalter war gelegt.