Seit vielen Jahren sind Kooperationen zwischen Unternehmen und staatlich geförderten Forschungseinrichtungen üblich, um wissenschaftliche Grundlagen für die Produktentwicklung zu nutzen. Solche Kooperationen vermeiden zusätzliche Kosten für den Aufbau eigener Kapazitäten der Unternehmen und ermöglichen den Unternehmen die Teilhabe an bereits vorhandenem externem Know-how.
Im Zuge dieser Forschungs- und Entwicklungskooperationen entstehen häufig Gemeinschaftserfindungen, die gemeinschaftlich zum Patent angemeldet werden. Bei der Verwertung dieser Patentanmeldungen und der daraus resultierenden Patente stehen sich in der Praxis aber die unterschiedlichen Interessenlagen der Mitinhaber oft im Wege.
Wirtschaftsunternehmen wollen Erfindungen selbst kommerziell verwerten, weil sie in der Regel über ausreichende eigene Kapazitäten und Ressourcen zur Eigenverwertung verfügen, während Forschungseinrichtungen an der Lizenzierung und Verwertung durch Dritte interessiert sind, um die Forschungsaufwendungen zu finanzieren. Treffen beide Interessenlager bei einer Gemeinschaftserfindung aufeinander, stellt sich regelmäßig die Frage, ob eine Verwertungsregelung gefunden werden kann, die beiden Interessen gerecht wird.
Gemeinschaftserfindungen unterliegen den Regelungen der Bruchteilsgemeinschaft gemäß §§ 741 ff. BGB. Jeder Teilhaber hat einen ideellen Anteil an der gesamten Erfindung und ist zum Gebrauch des Gemeinschaftsschutzrechts befugt. Allerdings darf dieses Recht auf Gebrauch den Anteil des Mitinhabers nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigten (§ 745 Abs. 3 S. 2 BGB). Entscheidungen über die Verwertung der Erfindung, z.B. im Rahmen einer ausschließlichen Lizenz, erfordern die Zustimmung aller Mitinhaber. Fraglich ist, ob dies auch für nicht-ausschließliche Lizenzen gilt. So hatte das LG Leipzig bereits in den 1940er Jahren die Vergabe einer nicht-ausschließlichen Lizenz an einem Gemeinschaftspatent für unzulässig erklärt. Allerdings gibt es mittlerweile auch andere Rechtsauffassungen. Eine nicht-ausschließliche Lizenz an einem solchen gemeinschaftlich gehaltenen Patent, die durch die Forschungseinrichtung ohne Zustimmung des Mitinhabers erteilt wird, ist mit dem Risiko der Unwirksamkeit behaftet, weil möglicherweise kein gültiger Lizenzvertrag entstanden ist.
Eine weitere Verwertungsmöglichkeit stellt der Verkauf des Anteils am Gemeinschaftsschutzrecht an einen Dritten dar. Daran haben staatlich geförderte Forschungseinrichtungen naturgemäß kein Interesse, denn sie sind – nicht zuletzt durch die staatliche Förderung – an der tatsächlichen Nutzung ihrer Forschungsergebnisse zum Wohle der Gesellschaft interessiert und möchten sich eine Kündigung und anderweitige Vergabe der Lizenz vorbehalten, sofern der Lizenznehmer zur Nutzung nicht mehr gewillt oder in der Lage ist. Ähnliches gilt auch für das Verhältnis zum Mitinhaber. Sollte dieser die Gemeinschaftserfindung nicht nutzen wollen und sich auch Nutzungen durch Dritte widersetzen, indem das Schutzrecht als „Sperrpatent“ eingesetzt wird, so liegt dies nicht im Interesse der öffentlich geförderten Forschungseinrichtung.
Eine weitere Frage stellt sich hinsichtlich der Verwertung durch nur einen der Mitinhaber. Forschungseinrichtungen können gemäß der BGH-Entscheidung „Gummielastische Masse II“ einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen geltend machen, wenn ein Mitinhaber die Erfindung kommerziell nutzt und die Zustimmung zur Lizenzvergabe verweigert. Der BGH hat festgestellt, dass ein solcher Anspruch besteht, wenn die Nutzung durch einen Mitinhaber die Nutzungsmöglichkeiten der anderen beeinträchtigt. Dieser Anspruch auf Ausgleichszahlungen unterliegt aber den Einschränkungen der Nutzung durch den Mitinhaber. Dies wird insbesondere relevant, wenn der Mitinhaber das Gemeinschaftsschutzrecht als Sperrpatent verwendet, also das Schutzrecht nur als Verbietungsrecht gegenüber seinen Konkurrenten nutzt, obwohl ihm selbst eine kommerzielle Nutzung und damit ein Einsatz der geschützten Technologie möglich wäre.
Daher steht zunehmend die Forderung im Raum, dass einem Mitinhaber, der nicht selbst kommerziell nutzen darf, eine sinnvolle aktive Verwertung des Schutzrechts nicht verwehrt sein darf und für ihn die Lizenzvergabe an Dritte – als einzige wesentliche Verwertungsmöglichkeit – möglich sein müsste. Dies sollte insbesondere dann gelten, wenn es sich bei diesem Mitinhaber um eine staatlich geförderte Forschungseinrichtung handelt, die einem öffentlichen, staatlichen Forschungsauftrag nachkommen muss.
Die gemeinschaftlichen Inhaber sind durch die Privatautonomie jederzeit befähigt, einem Mitinhaber, dem eine kommerzielle Benutzung selbst nicht möglich ist, z.B. der Forschungseinrichtung, ein Recht zur Lizenzvergabe ohne Zustimmung des oder der weiteren Mitinhaber einzuräumen. Hier haben sich in der Praxis Regelungen bewährt, die aus dem angelsächsischen Bereich stammend, beispielsweise ein Sonderlizensierungsrecht eines Mitinhabers im Falle einer Nichtbenutzung durch den anderen Mitinhaber vorsehen. Solche Regelungen unterliegen allerdings der Wettbewerbskontrolle.
In welchen Fällen dem betreffenden Mitinhaber ohne eine privatrechtliche Regelung das Recht zur Lizenzvergabe auch ohne gesonderte Regelung zustehen könnte, sollte zunächst einzelfallbezogen durch Rechtsprechung geklärt werden. Ob zwingend eine gesetzliche Regelung erforderlich ist, mit der die Privatautonomie einseitig eingeschränkt würde, sollte mit Bedacht entschieden werden. Denn starre gesetzliche Regelungen bergen die Gefahr, dass die Interessen der Parteien, je nach den Umständen des Einzelfalls, möglicherweise nicht angemessen berücksichtigt werden.
Dieser Artikel stammt von der BDPA-Seite der Juniausgabe der GRUR Patent.