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EU wendet sich wegen in China erlassener Prozessführungsverbote an die WTO

Mit Prozessführungsverboten und der Androhung hoher Geldstrafen hat China wiederholt versucht, europäische Unternehmen an der Durchsetzung ihrer Patentrechte vor ausländischen Gerichten zu hindern. Betroffen sind in erster Linie Telekommunikationsunternehmen mit ihren standardessentiellen Patenten (SEP), also Schlüsseltechnologien wie 3G, 4G und 5G. Nun hat die Europäische Union bei der Welthandelsorganisation (WTO) ein Verfahren gegen China angestrengt.

High-Tech-Unternehmen, die im Ausland gegen Patentverletzungen in China vor Gericht gehen, laufen nach Aussage der EU-Kommission Gefahr, mit einem Prozessführungsverbot und im Falle eines Verstoßes gegen dieses mit einer Geldstrafe in Höhe von rund 130.000 EUR pro Tag belegt zu werden. Ziel ist es, europäische Unternehmen an der Durchsetzung ihrer Patentrechte in China zu hindern und Lizenzgebühren unter den marktüblichen Sätzen zu akzeptieren.

BDPA-Präsident Detlef von Ahsen befürwortet den Schritt der Europäischen Union ausdrücklich: „Hier stellt sich ein ausländisches Gericht über die nationale Gerichtsbarkeit eines anderen Staates und greift in dessen Zuständigkeit und Souveränität ein. Hier wird einer Partei schlicht das Recht abgesprochen, den gesetzlichen Richter für die Sache anzurufen. Daher begrüßt der Bundesverband Deutscher Patentanwälte den Vorstoß der Europäischen Union, die WTO damit zu befassen, sehr.“

Im August 2020 entschied das Oberste Volksgericht Chinas, dass chinesische Gerichte es Patentinhabern untersagen können, sich an ein ausländisches Gericht zu wenden, um ihre Patentrechte durchzusetzen. Dokumentiert sind seitdem vier Fälle, bei denen ein chinesisches Gericht ein Prozessführungsverbot erlassen hat, also dem ausländischen Patentinhaber verboten hat, die Vollstreckung von Urteilen eines nichtchinesischen Gerichts zu beantragen bzw. außerhalb Chinas gegen Patentverletzungen gerichtlich vorzugehen. Im Falle eines Verstoßes wurde eine Höchststrafe von 1 Million RMB, also 138.983 EUR pro Tag vorgesehen. Einer der vier Fälle bezieht sich auf eine vom Düsseldorfer Landgericht am 27. August 2020 erlassene Einstweilige Verfügung, die Conversant gegen Huawei erwirkt hatte und deren Vollstreckung verhindert werden sollte. Ähnlich lag der Fall bei Conversant gegen ZTE. Auch in den Verfahren Xiaomi gegen InterDigital und OPPO gegen Sharp erließen chinesische Gerichte Prozessführungsverbote im Streit um Lizenzgebühren für standardessentielle Patente.

Nach Ansicht der EU ist dieses Vorgehen chinesischer Gerichte nicht mit dem WTO- Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) vereinbar. Im Rahmen des angestrengten WTO-Verfahrens zur Streitbeilegung sind nun Konsultationen mit China vorgesehen. Führen die innerhalb von 60 Tagen nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung, kann die EU den Fall vor ein Schiedsgericht bringen.