Nachricht

Von Qualitätsoffensiven und europäischen Kommunikationskanälen – der BDPA im Austausch mit dem EPA

© Europäisches Patentamt

Eine Delegation des Bundesverbands Deutscher Patentanwälte war auf Einladung des Europäischen Patentamts in München, um sich mit der EPA-Führung über die neuesten Entwicklungen und Projekte im europäischen Patentwesen auszutauschen. Einig war man sich, dass die Förderung neuer Technologien und Innovationen elementar für eine wettbewerbsfähige europäische Wirtschaft sei. IP-Rechten, insbesondere Patenten, kommt in diesem Zusammenhang eine zentrale Bedeutung zu.

Qualität als signifikantes Kriterium

Das Europäische Patentamt möchte mit seiner Qualitätsinitiative einen Beitrag dazu leisten, das europäische Patentsystem und speziell das Patenterteilungsverfahren weiter zu optimieren. Deswegen setzt das EPA nicht nur auf neue KI-Technologien, sondern auch auf einen früheren und intensiveren Austausch mit seinen Nutzerinnen und Nutzern, um eventuelle Missverständnisse gleich zu Beginn des Erteilungsverfahrens aus dem Weg zu räumen.
EPA-Vizepräsident Dr. Christoph Ernst betonte die Bedeutung der Nutzererfahrungen bei der Qualitätssteigerung.

„Nutzerfreundlichkeit ist ein ganz wesentliches Kriterium für uns und unsere Arbeit, und auch zur Bemessung der Qualität. Da gibt es vielfältige Wege, wie wir diese Rückmeldungen unserer Nutzer erstens empfangen und zweitens auch in unsere Arbeit mit einfließen lassen. […] Es gibt auch Arbeitsgruppen, die sich insbesondere mit der Qualität unserer Arbeit beschäftigen. Das Feedback nehmen wir sehr ernst. Wir gehen darüber hinaus auch den Weg, dass wir gemeinsam mit den Stakeholdern uns die Ergebnisse der Arbeit im Rahmen der sogenannten Stakeholder Quality Assurance Panels angucken.“

BDPA-Präsident Detlef von Ahsen (links) und EPA-Vizepräsident Dr. Christoph Ernst, © Europäisches Patentamt

Der BDPA begrüßt die Qualitätsinitiative des EPA, sieht aber manche effizienzsteigernden Maßnahmen durchaus kritisch. Insbesondere der zunehmende Fokus auf Formalismen stellt sich aus BDPA-Sicht als Problem dar. In diesem Zusammenhang wurden vor allem die Verspätungsregeln, die Klarheitseinwände hinsichtlich eindeutiger Formulierungen und die nachträgliche Einreichung von Änderungen bei Patentanmeldungen thematisiert.

BDPA-Präsident Detlef von Ahsen wünschte sich, sich statt auf formale Prioritäten stärker auf Inhalte wie Neuheit und Stand der Technik zu konzentrieren:

„Patentanwälte und Prüfer sollten Partner sein, um wertvollen Erfindungen den ihnen gegenüber dem Stand der Technik zustehenden Schutzumfang auch tatsächlich zu gewähren. Klarheitseinwände sollten nur dann erhoben werden, wenn die Unklarheit tatsächlich offenkundig ist.“

Die Teilanmeldungen rücken derzeit zunehmend in den Fokus. Diskutiert wird unter den Mitgliedsstaaten, ob sie bei europäischen Patenten wieder zeitlich oder zahlenmäßig begrenzt werden sollten. Der BDPA sprach sich dagegen aus, da die ursprüngliche Absicht bei der Begrenzung von Teilanmeldungen, nämlich Missbrauchsfälle auszuschließen, angesichts der Tatsache, dass diese nur selten vorkommen, zu vernachlässigen seien. Wichtiger sei es, dass das Europäische Patentamt bei den Patenterteilungsverfahren, wenn möglich, auch nationale Patente und Patentanmeldungen mit früherem Anmeldedatum als die zu prüfende Anmeldung berücksichtigt.

Detlef von Ahsen wies darauf hin, dass „solche nachveröffentlichten nationalen Anmeldungen aus einem Mitgliedsstaat beim früheren Bündelpatent nur dazu führten, dass ich meinen Schutz für den betreffenden Staat verliere, das EP-Bündelpatent aber im Übrigen aufrechterhalten bleibt. Das Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung geht dann aber für alle teilnehmenden Mitgliedsstaaten unter.“ Daher sei es wichtig, diese älteren Rechte bereits bei der Entscheidung, ob ein Bündelpatent oder die einheitliche Wirkung gewählt werden soll, bekannt sind.

Einheitliche IP-Rechte in Europa ausbauen

Dass das einheitliche Patentsystem mit bisher über 53.000 Einheitspatentanmeldungen eine klare Erfolgsgeschichte schreibt, darin waren sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens einig. Umso stärker müsse der Blick nun auf die weitere Harmonisierung europäischer Schutzrechte gelegt werden. Die EU-Kommission hatte Vorschläge zu Verordnungen über standardessenzielle Patente (SEPs) und ergänzende Schutzzertifikate (SPCs) vorgelegt. Eine der zentralen Fragen ist bei beiden Vorschlägen die Zuständigkeit der erteilenden Behörde. Den SEP-Vorschlag verfolgt die Kommission derzeit nicht weiter, was einzelne Mitgliedsstaaten kritisieren.

Anders sieht es bei den einheitlichen ergänzenden Schutzzertifikaten aus. EPA-Vizepräsident Ernst sieht das EPA als die Institution, die das erforderliche Fachwissen, die Expertise und auch die Einsatzbereitschaft zeigt, um sich aktiv zu beteiligen.

„Auch führt natürlich die Schaffung eines völlig neuen Systems, wie es die EU-Kommission vorgeschlagen hat, anstatt sich auf bestehende Strukturen und Patentexperten zu stützen, nicht nur unweigerlich zu Verzögerungen bei der Verhandlung, sondern es scheint auch schwer mit den Vereinbarungen über bessere Rechtsetzung der EU in Einklang zu stehen. Dazu gehört letztendlich auch, dass man auf bewährten Strukturen aufbauen kann, anstatt ständig das sprichwörtliche Rad neu zu erfinden. Im Ergebnis tut man niemandem, insbesondere den Nutzern, einen Gefallen, wenn man das EPA als diejenige internationale Behörde, die über das weitaus größte Fachwissen auf dem Gebiet des Patentwesens verfügt und auch mit der Patenterteilung für das EU-Gemeinschaftspatent beauftragt ist, nicht in den Prozess einbezieht. Und es ist ganz klar: wer die Zuständigkeit des Europäischen Patentgerichtes befürwortet, muss unweigerlich den gesamten rechtlich vorgegebenen Weg gehen. Der Weg zum EPG kann nur über das EPA führen.“

Der BDPA unterstützt die angestrebte einheitliche europäische Erteilung von SPCs und präferiert das EUIPO als zentrale Prüfungsbehörde – mit Zuständigkeit der europäischen Gerichtsbarkeit wie bisher. Der Vorschlag der Kommission sieht vor, dass das EUIPO eng mit den nationalen Ämtern für geistiges Eigentum zusammenarbeitet und auf deren Expertise zurückgreift. Die Entscheidungen des Amts unterliegen dabei dem Rechtszug der EU-Gerichtsbarkeit, wobei es schon eine Vielzahl an Entscheidungen des EuGH zu diesem Thema gibt. Das EPA ist als nicht-EU-Behörde nicht in diesem Rechtszug eingegliedert und besitzt auch bislang keine Expertise in den für die Erteilung eines SPCs relevanten Fragen.

Ein weiterer Kommissionsvorschlag zu neuen genomischen Techniken sieht ein Patentierungsverbot von NGT-Pflanzenzüchtungen vor. Dem Sortenschutz sind diese Pflanzenzüchtungen auch nicht zugänglich, da sie von bekannten Sorten nicht „unterscheidbar“ sind. Dies sieht der BDPA kritisch, da mit einem Patentierungsverbot Innovationen auf diesem Gebiet nicht gefördert werden. Dieselbe Meinung vertritt das EPA und beobachtet die laufende Diskussion über den NGT-Vorschlag auf EU-Ebene. EPA-Vizepräsident Ernst stellte aber klar, dass das EPA, wenn die Vertragsstaaten der EPO beschließen, das EPÜ in Bezug auf die Patentierbarkeit von NGT-Pflanzen zu ändern, sicherstelle, dass diese Änderung schnell in die Praxis umgesetzt werden.

Wie wichtig der enge Austausch im Interesse des europäischen Patentsystems ist, betonten beide Seiten. Das zeigt das Beispiel EQE. Bedenken, die der Bundesverband Deutscher Patentanwälte bei der Entwicklung der neuen Prüfungsordnung geäußert hatte, wurden berücksichtigt und mittlerweile ausgeräumt. Das Feedback seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die gerade abgeschlossenen diesjährigen Prüfungen war positiv. „Fit for Practice“ scheint zu funktionieren.