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Europäisch und national – Patentsysteme nur gemeinsam zielführend

Das europäische Einheitspatent kann nur zusammen mit dem deutschen Patent ein Erfolgsmodell werden, da waren sich die Anwesenden des diesjährigen Parlamentarischen Abends des Bundesverbandes Deutscher Patentanwälte in Berlin einig. Über einhundert Gäste aus Politik, Patentanwaltschaft und von den entsprechenden Behörden, darunter der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Christian Lange, und die Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamtes, Cornelia Rudloff-Schäffer, diskutierten vor dem Hintergrund der laufenden Gesetzgebungsverfahren in Deutschland und Großbritannien die Zukunft des gewerblichen Rechtsschutzes in Europa. Denn trotz Brexit steht das neue europäische Patentsystem wohl vor der Implementierung.

Entsprechend zufrieden zeigte sich der Parlamentarische Staatssekretär Christian Lange: „Wir haben uns mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass das Einheitliche Patentgericht trotz eines drohenden Brexit kommt und zwar möglichst, wie geplant, mit einer britischen Beteiligung, wenn nötig aber auch ohne.“
Nach derzeit vorliegenden Informationen werde mit einer britischen Ratifikation des Übereinkommens über ein einheitliches Patentgericht im März oder April dieses Jahres gerechnet. Auch in Deutschland ist das Gesetzgebungsverfahren schon weit fortgeschritten.

Deutschland vor der Ratifizierung

Der Deutsche Bundestag beschäftigte sich in der vergangenen Woche bereits in zweiter und dritter Lesung mit dem Gesetzentwurf und verabschiedete ihn danach. Nachdem mit Italien mittlerweile zwölf Mitgliedsstaaten das Übereinkommen ratifiziert haben, bedarf es nur noch der Ratifizierung durch Großbritannien und Deutschland.

Auch BDPA-Präsident Martin Tongbhoyai begrüßte die Fortschritte beim neuen europäischen Patentsystem: „Das Einheitspatent kann ein wichtiger Schritt zu einem einheitlicheren Europa sein. Wir rücken mit diesem neuen System wieder etwas mehr zusammen – viele Nationalitäten, Sprachen und Kulturen werden unter einem Schirm vereint, dem Einheitspatent und dem Einheitspatentgericht.“
Das Einheitspatent könne aber nicht das Allheilmittel im gewerblichen Rechtsschutz sein. Einerseits benötige ein Teil der Industrie das europäische Einheitspatent, ein anderer hingegen brauche nach wie vor das nationale Schutzrechtssystem – das deutsche Patent, das deutsche Gebrauchsmuster, die deutsche Marke und das deutsche Design.

Die Zukunft des nationalen Patentsystems

Das nationale Schutzrechtssystem ist daher weiterhin von maßgeblicher Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland und darf auch zukünftig nicht benachteiligt werden. Deswegen muss die technische, finanzielle und personelle Ausstattung aller nationalen Institutionen – dem Deutschen Patent- und Markenamt, dem Bundespatentgericht und den Verletzungsgerichten – auch nach Inkrafttreten des neuen europäischen Patentsystems gesichert sein.

Sogar eine erhöhte Nachfrage sieht Martin Tongbhoyai angesichts der derzeit geplanten Reform im Markenrecht: „Im Markenbereich erwarte ich persönlich geradezu einen „Run“ auf das DPMA. (…) Die neuen Aufgaben lassen sich aber nur dann in vernünftigen Verfahrensdauern bewältigen, wenn dazu die notwendige Anzahl an geschultem Personal vorhanden ist.“

Auch ist der Markt schnelllebiger geworden. Viele Produkte, wie etwa Computer oder Smartphones sind innerhalb von zwei Jahren bereits technisch veraltet. Dem gilt es Rechnung zu tragen. Die Unternehmen müssen auf eine schnelle Rechtssicherheit vertrauen können. Ohne Rechtssicherheit herrscht Stillstand.
Auch hier erwartet der Bundesverband Deutscher Patentanwälte, dass neben dem Einheitspatentgericht auch das Bundespatentgericht eine Option ist. Durch die Möglichkeit des „opt-outs“, also ein europäisches Patent gemäß dem Europäischen Patentübereinkommen nicht der Rechtsprechung des Einheitspatentgerichts sondern weiterhin nationalen Gerichten zu unterwerfen, und dem möglichen Wegfall des Doppelschutzverbotes wird das Bundespatentgericht wohl weiter nachgefragt bleiben.

Die Herausforderungen des neuen Patentsystems sind vielfältig – auch unabhängig von den zahlreichen noch offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Brexit. Es eröffnen sich aber auch Möglichkeiten und Chancen. Nicht nur beim gewerblichen Rechtsschutz bleibt die Zukunft Europas spannend.