Stellungnahme

Stellungnahme zum EPA-Strategieplan 2019 – 2023

Der Strategieplan soll den Kurs für die Aktivitäten des Europäischen Patentamtes (EPA) von 2019 bis 2023 vorgeben. Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation hat sich auch der Bundesverband Deutscher Patentanwälte in Hinblick auf die Entwicklung des Patentsystems geäußert.

Qualität

Das EPA steht für eine qualitativ hochwertige Beurteilung von Erfindungen im Rahmen der jeweiligen Patentanmeldung. Leider wird jedoch in zunehmendem Maße, zusätzlich zu einer pauschalisierenden Beurteilung von Unteransprüchen, nicht mehr vollständig der relevante Stand der Technik ermittelt. Die Öffentlichkeit kann sich somit nicht mehr darauf verlassen, dass ein vom EPA erteiltes Patent tatsächlich rechtsbeständig ist.

Insbesondere in vergleichsweise aktiven Technologiebereichen wird somit den Mitbewerbern die Überprüfung der Rechtsbeständigkeit einer Erfindung im Rahmen des Einspruchsverfahrens übertragen. Dies führt nicht nur bei den direkten Mitbewerbern zu hohen Kosten, sondern kann sich als Folge sogar auf den ganzen Technologiezweig auswirken. Dies kann letztendlich dazu führen, dass der Forschung weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Es hat sich leider in der Vergangenheit wiederholt gezeigt, dass in einem Einspruchsverfahren vom EPA erteilte Patente nicht nur aufgrund des seitens einer Einsprechenden ermittelten Standes der Technik, sondern auch aufgrund von Mängeln widerrufen wurden, die bereits im Erteilungsverfahren ersichtlich waren und dort zumindest zum Teil hätten ausgeräumt werden können. In diesen Fällen wären bei kritischer Beurteilung der Patentanmeldung schon im Erteilungsverfahren für den Patentinhaber und den Einsprechenden in einem Einspruchsverfahren Kosten verringert worden oder erst gar nicht entstanden.

Die umfassende Bewertung der Patentfähigkeit erst im Einspruchsverfahren im Hinblick auf den bereits im Prüfungsverfahren bekannten Stand der Technik bzw. auf den Stand der Technik, der systematisch über die Patentdatenbanken recherchierbar ist, führt zu einem entsprechend langen Zeitraum der Rechtsunsicherheit bei Wettbewerbern über den rechtsbeständigen Schutz, der aus einer Patentanmeldung bzw. auch aus einem bereits erteilten Patent resultieren kann. Das Prüfungsverfahren bis zur Patenterteilung dauert bereits mehrere Jahre. Wenn dann noch die Zeitdauer des Einspruchsverfahrens hinzukommt, bis ein Wettbewerber weiß, dass kein rechtsbeständiges Patent existiert, ist oft ein Zeitraum von über 10 Jahren vergangen. Dies ist gerade auch deswegen problematisch, weil es sich in der beschriebenen Konstellation um ein „Scheinrecht“ gehandelt hat, bei dem ein Patentanmelder eine Patentanmeldung eingereicht hat, der keine Erfindung im Sinne der patentrechtlichen Bestimmungen zu Grunde lag. Dennoch mussten sich die Wettbewerber über diesen langen Zeitraum inhaltlich mit der Patentanmeldung oder auch einem darauf eventuell erteilten Patent befassen und hatten über diesen Zeitraum auch eine entsprechende fehlende Rechtssicherheit.

Gerade in Technologiezweigen, in denen die Erteilung von Patenten nicht regelmäßig beobachtet wird, ist bei nicht ausreichender Prüfung eine Rechtssicherheit nicht mehr gegeben. Das kann dazu führen, dass Mitbewerber auf die Einführung eines Produkts verzichten, da dieses unter den, wenn auch nicht rechtsbeständigen, Schutzbereich eines Patents fällt.

Derartige Beispiele können zu einer Verunsicherung in der Öffentlichkeit führen, bis hin zu einer Abnahme der Akzeptanz gegenüber dem Patentsystem im Allgemeinen. Wir erachten daher die Sicherstellung der bislang hohen qualitativen Arbeit des EPA im Erteilungsverfahren als eine der Hauptaufgaben des EPA für die nächsten Jahre. Hierbei muss auch weiterhin dem Anmelder sowie der Öffentlichkeit bei einer Erteilung der relevante Stand der Technik bekannt sein, und bei der Erteilung dürfen keine Fehler auftreten.

Vereinheitlichung

Der Bundesverband Deutscher Patentanwälte begrüßt, den Aufwand für unsere global agierenden Anmelder bei der Erlangung eines Patentschutzes in unterschiedlichen Jurisdiktionen zu erleichtern.

Hierbei muss jedoch darauf geachtet werden, dass seitens der Anmelder nicht in jeder Jurisdiktion der gleiche Schutzbereich gewünscht oder erforderlich ist. So erfolgt bei jedem Anmelder spezifisch – und je nach Erfindung – eine Unterscheidung, ob es sich um ein Produkt für einen ganz bestimmten Absatzmarkt handelt oder ob beispielsweise eine Fertigung in einem ganz bestimmten Land erfolgt. Zudem muss abgewogen werden, ob mittels des möglichen Schutzrechts ein Anspruch auf Unterlassungdurchgesetzt oder Schadensersatz verlangt werden soll. Alternative Überlegungen beziehen die Möglichkeit einer Abschreckung vor Nachahmung oder den Prestigegewinn mit ein, den ein erteiltes Schutzrecht verspricht. Anhand dieser Überlegungen werden häufig der Aufwand und somit auch die Kosten definiert, die für die Erlangung eines Schutzrechts in der jeweiligen Jurisdiktion gerechtfertigt sind.

Falls nun in einer für den Anmelder vergleichsweise uninteressanten Jurisdiktion eine Erteilung nur bei einer starken Einschränkung des Schutzbereichs in Aussicht gestellt wird, stimmt der Anmelder dieser Einschränkung meist zu, um dort zügig das Verfahren beenden zu können. In der Mehrzahl der Fälle erfolgt hierbei keine intensive Überprüfung des ermittelten Standes der Technik oder der Argumentation des jeweiligen Prüfers. Falls bei weiteren oder sämtlichen Jurisdiktionen, die für den Anmelder wichtig sind, diese Erteilung in starkem Maß berücksichtigt würde, müsste der Anmelder folglich bereits bei der ersten Erteilung versuchen, einen möglichst großen Schutzbereich oder sogar unterschiedliche Schutzbereiche zu erlangen. Infolgedessen entstünden für den Anmelder hohe Kosten, die zumindest auch aufgrund von notwendigen Übersetzungen anfallen.

Somit ist ein Präjudiz bei der Erteilung durch unterschiedliche Patentämter sehr oft gegen die Interessen der Anmelder. Eine generelle Aussage dahingehend, dass jeder Anmelder in jedem Land ein Patent mit einem identischen Schutzbereich erteilt haben will, kann man und darf man nicht treffen.

IT-Services

Das „Global Dossier“ ist für Anmelder ein sehr wichtiges Instrument, um insbesondere bei asiatischen Patentanmeldungen nähere Informationen zu erlangen, wobei zunächst keine vergleichsweise kostenintensive Übersetzung angefordert werden muss. Leider zeigt sich in zunehmendem Maße eine Verzögerung bei der Bereitstellung von chinesischen Bescheiden und deren Übersetzung. Daher muss vermehrt eine kostenintensive Übersetzung angefordert werden, was den Mehrwert des „Global Dossier“ reduziert. Wir würden begrüßen, wenn weitere Patentämter bei dem „Global Dossier“ teilnehmen und wenn die jeweiligen Informationen zeitnah bereitgestellt werden.