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IP-Strategien als Investition in die Zukunft

Detlef von Ahsen im Gespräch mit Susanne Hierl, Vorsitzende der AG Recht der CDU/CSU-Fraktion, ©BDPA

Wie gestalten wir ein modernes Patentrecht, das den rasanten technologischen und wissenschaftlichen Entwicklungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene gerecht wird? Wie entwickeln wir nationale IP-Strategien, die dafür sorgen, dass innovative Unternehmen international wettbewerbsfähig bleiben und Forschungsinstitutionen beim Wissenstransfer in die Wirtschaft nicht übervorteilt werden? Zukunftsthemen dominierten den diesjährigen Parlamentarischen Abend des Bundesverbands Deutscher Patentanwälte, auch wenn zu Beginn der neuen Legislatur das Kennenlernen der Gäste aus Politik und IP-Branche zunächst im Mittelpunkt stand. Und auch die politische Weltlage war stets präsent.

Parl. Staatssekretärin Anette Kramme, BDPA-Präsident Detlef von Ahsen, ©BDPA

Die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Anette Kramme, ging in ihrer Rede auf die Auswirkungen der aktuellen politischen Situation ein:

„Wir leben in stürmisch gewordenen Zeiten. Die unruhige weltpolitische Lage stellt den Schutz des geistigen Eigentums vor große Herausforderungen. Ich nenne ein paar Stichworte: Sanktionspakete gegen den Aggressor Russland, die auch das geistige Eigentum einbeziehen, Einschränkungen des Welthandels durch Zollpolitiken oder Bestrebungen zu Unternehmensübernahmen mit Portfolien sensibler Technologien. Gegenwind spüren wir auch in internationalen Foren, wie z. B. der WTO und WHO. Immer häufiger wird dort der Schutz von Innovationen und Innovatoren als Einschränkung begriffen.“

Anette Kramme betonte die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die der Schutz des geistigen Eigentums erfülle, eine Aufgabe, die über die rein wirtschaftlichen Aspekte weit hinaus gehe.

Verantwortlicher Umgang mit dem Schutz neuer Technologien

Wie wichtig die gesamtgesellschaftliche Verantwortung ist, zeigt sich bei den derzeit sowohl auf europäischer wie auch nationaler Ebene intensiv diskutierten neuen genomische Techniken.

Worum geht es? Diese sogenannten NGT-Techniken ermöglichen gezielte Veränderungen der genetischen Merkmale von Pflanzen, um sie beispielsweise Klimaveränderungen anzupassen. Das geht auch mit herkömmlichen Züchtungsmethoden, dauert aber deutlich länger. Es gibt zwei Kategorien von NGT-Pflanzen, im Fokus der aktuellen Diskussion stehen vor allem NGT-Pflanzenzüchtungen der Kategorie 1, die ausschließlich arteigenes Genmaterial enthalten und bei denen nur bis zu 20 Merkmale verändert werden dürfen. Da sie im Ergebnis häufig nicht von traditionell gezüchteten Pflanzen zu unterscheiden sind, greift in diesen Fällen der Sortenschutz nicht. Auch der Patentschutz findet derzeit keine Anwendung, weil diese Änderungen, wenn auch über einen sehr viel längeren Zeitraum, züchterisch erzielt werden können. Wie können diese Züchtungen geschützt werden? Eine Änderung des Patentgesetztes kann hier zielführend sein.

BDPA-Präsident Detlef von Ahsen verwies in diesem Zusammenhang auf die notwendige internationale Wettbewerbsfähigkeit europäische Züchter. Gleichzeitig betonte er die besondere Verantwortung beim Schutz von NGT-Pflanzen:

„Auch das Patentgesetz verfügt wie der Sortenschutz über ein Züchterprivileg und ein Landwirtprivileg. Denn natürlich müssen die Landwirte und Züchter, die diese Pflanzen anbauen oder selbst zur Zucht nutzen möchten, sowie die Verbraucherinnen und Verbraucher im besonderen Maße vor Monopolbildung geschützt werden – im Sinne der Ernährungssicherheit für alle Menschen und der Biodiversität auf der Erde.“

v.l. EPA-Vizepräsident Dr. Christoph Ernst, VPP-Präsident Peter Berg, Parl. Staatssekretärin Dr. Silke Launert, © BDPA

Neben einer Regulierung im Umgang mit NGT-Pflanzen steht weiterhin das EU-Patentpaket zur Harmonisierung des Patentrechts auf der Agenda des Bundesjustizministeriums. Zwar hatte die EU-Kommission angekündigt, den Vorschlag für eine Verordnung zu Standardessenziellen Patenten (SEPs) zurückzuziehen, doch das BMJV setzt sich für eine Fortsetzung der Beratungen zum Thema ein. Die Konsultationen zu den ergänzenden Schutzzertifikaten für Arznei- und Pflanzenschutzmittel laufen. Der BDPA begrüßt die angestrebte einheitliche europäische Erteilung von SPCs und spricht sich für das EUIPO als zentrale Prüfungsbehörde aus – mit Zuständigkeit der europäischen Gerichtsbarkeit.

Wissenschaftstransfer konsequent mitgedacht

Wie lassen sich Forschung und damit Innovationen am besten fördern? IP-Rechte sind ein wesentlicher, aber mitunter unterschätzter Baustein, um Forschung zukunftsfähig zu machen und wirtschaftlich abzusichern. BDPA-Präsident Detlef von Ahsen merkte an, dass in der Praxis IP-Strategien bei Erfindungen von Forschungsinstitutionen, Start-ups und KMUs leider viel zu häufig nicht konsequent entwickelt werden.

Parl. Staatssekretärin Dr. Silke Launert, ©BDPA

Die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt, Dr. Silke Launert, legte in ihrer Rede ein besonderes Augenmerk auf den so wichtigen Wissens- und Technologietransfer. Denn hier entscheide sich oft, ob aus Wissen tatsächlich Wirkung wird, eine Idee ihren Weg aus dem Labor in den Markt findet und ob öffentliche Forschung auch gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen entfalten kann.

„Deshalb ist es entscheidend, dass wir die Patentverwertung als integralen Bestandteil von Forschung und Transfer mitdenken – von Anfang an.
Dazu gehören standardisierte und faire IP-Klauseln, professionelle Technologietransferstellen, eine bessere Schulung für Forschende, und nicht zuletzt eine Kultur, in der Patente nicht als Hindernis, sondern als Ermöglicher verstanden werden.“

Deswegen setzt sich der BDPA dafür ein, dass IP-Rechte gerade für Forschungseinrichtungen sowie Start-ups und KMUs leichter zugänglich gemacht werden müssen, damit diese nicht riskieren, bei der Patentverwertung insbesondere im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungskooperationen mit marktstärkeren Unternehmen benachteiligt zu werden.

Es ist an der Zeit, IP-Rechte auch gesamtgesellschaftlich als das zu verstehen, was sie sind: Schutzrechte für Innovationen und damit ein Wegbereiter für die Zukunft.