In Hinblick auf eine weitere Modernisierung des deutschen Patentrechts sieht der Bundesverband Deutscher Patentanwälte unter anderem bei den Anspruchsgebühren für deutsche Patentanmeldungen Handlungsbedarf, denn anders als im Verfahren vor dem Europäischen Patentamt sind die Anspruchsgebühren (Nummer 311 050 in Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) im nationalen deutschen Verfahren Teil der Anmeldegebühr.
Dies bringt einen erheblichen Nachteil bzw. ein erhebliches Risiko für die Anmelder mit sich: Sofern keine oder zu wenig Anspruchsgebühren bezahlt werden, gilt die Anmeldegebühr insgesamt als nicht wirksam entrichtet und die Patentanmeldung nach § 6 (2) PatKostG als zurückgenommen.
Zur Vermeidung dieses Risikos bietet es sich beispielsweise an, entsprechend dem EPÜ eine Regelung einzuführen, wonach die Nichtentrichtung der Anspruchsgebühren nur zum „Wegfall“ bzw. zur Nichtberücksichtigung des jeweiligen Anspruchs führt. Hierzu wäre eine Ergänzung des PatKostG erforderlich, die bei nicht rechtzeitiger oder nicht vollständiger Zahlung einer Gebühr für mehr als zehn Patentansprüche zur Nichtberücksichtigung des entsprechenden Anspruchs bei der Erstellung des Rechercheberichts oder Prüfungsbescheids führt, sofern der Anmelder die Anmeldegebühr inklusive der Anspruchsgebühren nicht mit der Stellung des Recherche- oder Prüfungsantrags entrichtet hat.
Die Formulierung „Nichtberücksichtigung“ hätte gegenüber der Formulierung der Regel 45 (3) EPÜ, in der von „Verzicht“ auf den Anspruch die Rede ist, einen gravierenden Vorteil: Denn dadurch wäre klargestellt, dass auf den Gegenstand eines von der Nichtzahlung einer Anspruchsgebühr betroffenen Anspruchs nicht unwiderruflich verzichtet würde. Vielmehr könnte der jeweilige Anspruchsgegenstand jedenfalls dann weiterverfolgt werden, wenn die entsprechende Anspruchsgebühr nachentrichtet wird.
Erhöht sich die Anzahl der Ansprüche während des Prüfungsverfahrens, ist nach dem derzeitigen Stand mit der Einreichung des Anspruchssatzes die Differenz der Anspruchsgebühren einzuzahlen. Ohne eine solche Nachzahlung von Anspruchsgebühren gilt die Handlung (also die Einreichung der Ansprüche) nach § 6 (2) PatKostG als nicht vorgenommen. Die Nichtzahlung einer oder mehrerer Anspruchsgebühren zu diesem Zeitpunkt führt in der Regel nicht zu einem Rechtsverlust, da das DPMA den Anmelder in solchen Fällen darauf hinweist, dass die Unterlagen nochmals mit Gebührenzahlung einzureichen sind, damit die Akte weiterbearbeitet werden kann. Allerdings führt dies zu unnötigen Verzögerungen und Mehrarbeit auf Seiten des DPMA und auf Seiten des Anmelders.
Als Lösung bzw. zur Vereinfachung des derzeit umständlichen Verfahrens bietet es sich beispielsweise an, den Anmelder unmittelbar vor der Patenterteilung zur Nachzahlung von nicht entrichteten Anspruchsgebühren aufzufordern, wenn sich die Zahl der Ansprüche im Verlauf des Prüfungsverfahrens erhöht hat. Dies könnte z. B. dadurch erreicht werden, dass im Falle einer Erhöhung der Anzahl der Patentansprüche nach der Anmeldung oder Einleitung der nationalen Phase beim Deutschen Patent- und Markenamt die Gebühr für die zusätzlichen Patentansprüche noch innerhalb von drei Monaten nach einer entsprechenden Aufforderung des Deutschen Patent- und Markenamts wirksam entrichtet werden kann. Maßgeblich für die Gebührenberechnung wäre dabei die Anzahl der zuletzt eingereichten Patentansprüche. Dies hätte den Vorteil, dass das Amt nicht bei jeder eingehenden Bescheidserwiderung die Anzahl der Ansprüche zählen muss, sondern bei einer Erhöhung nur einmal eine entsprechende Aufforderung ausstellt, bevor der Erteilungsbeschluss ergeht.
Bei der Nationalisierung einer PCT-Anmeldung im Rahmen einer deutschen Patentanmeldung ist zur Berechnung der Gebühren derzeit die Anzahl der ursprünglich in der PCT-Anmeldung eingereichten Ansprüche maßgeblich, auch wenn die Anzahl der Ansprüche bereits in der internationalen Phase oder bei Eintritt in die nationale Phase reduziert wird. Dies birgt ein hohes Risiko für unerfahrene Anmelder bei der Nationalisierung von PCT-Anmeldungen vor dem DPMA.
Wird die Anzahl der Ansprüche im internationalen Verfahren erhöht, berechnet sich die Gebühr jedoch nach der Anzahl der geänderten Ansprüche, sofern diese im weiteren Verfahren berücksichtigt werden sollen. Diese Regelung ist kompliziert und führt im internationalen Vergleich zu einem umständlichen Verfahren.
Zur Vereinfachung und Reduzierung des Risikos bietet es sich an (wie in den Verfahren vor dem EPA und dem USPTO) die Anspruchsgebühr abhängig von der Anzahl der Ansprüche zum Zeitpunkt der Einleitung der nationalen Phase vor dem DPMA zu bemessen. Dies könnte z. B. dadurch erreicht werden, dass Art. III § 4 (3) des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen entsprechend verschlankt wird.
In Verbindung mit der eingangs vorgeschlagenen Regelung zur Entschärfung der Folgen des Nichtzahlens von Anspruchsgebühren ergäbe sich insgesamt ein für die Anmelder deutlich vereinfachtes und mit weniger Risiken versehenes Verfahren.
Dieser Artikel stammt von der BDPA-Seite der Januarausgabe der GRUR Patent.