Stellungnahme

Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Regelung hybrider und virtueller Versammlungen in der Bundesnotarordnung, der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und dem Steuerberatungsgesetz sowie zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe

Der Bundesverband Deutscher Patentanwälte (BDPA) begrüßt ausdrücklich den Hauptzweck des Gesetzes, Online- oder hybride Kammerversammlungen zu ermöglichen.

Kritisch ist nach Auffassung des BDPA jedoch die derzeit nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 PAO und § 60 Abs. 2 Nr. 3 BRAO vorgeschriebene Kammermitgliedschaft in der Patent- bzw. der zuständigen Rechtsanwaltskammer für Mitglieder des Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgans von Berufsausübungsgesellschaften, unabhängig davon, ob diese bereits als Person bzw. Berufsträger nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 PAO Mitglied einer anderen Kammer sind. Dieses geht nach Auffassung des BDPA zu weit, da in solchen Fällen das Erfordernis einer vergleichbaren Berufsaufsicht bereits erfüllt ist. Solche Mitglieder des Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgans von Berufsausübungsgesellschaften sollten daher von der Mitgliedschaft in der jeweils anderen Kammer ausgenommen sein. Der Änderungsantrag der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP geht in dieser Hinsicht zwar in die richtige Richtung, ist jedoch nach der Auffassung des BDPA nicht ausreichend.

Im Einzelnen:

Nach gegenwärtiger Rechtslage werden Rechtanwälte und Rechtanwältinnen, welche in einer Patent- und Rechtsanwaltsgesellschaft oder einer reinen Patentanwaltsgesellschaft eine Geschäftsführungsposition innehaben, neben ihrer Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 PAO auch automatisch Mitglied der Patentanwaltskammer. Umgekehrt gilt dieses für Patentanwältinnen und Patentanwälte mit Geschäftsführungsposition in einer Rechts- und Patentanwaltsgesellschaft oder einer reinen Rechtsanwaltsgesellschaft. Sie werden gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 3 BRAO automatisch Mitglied der jeweils zuständigen Rechtsanwaltskammer.

Der Gesetzesvorschlag selbst greift dieses zunächst nicht auf. Es ist lediglich geplant, eine dem
§ 53 Abs. 2 PAO bzw. dem § 60 Abs. 2 BRAO eine Nr. 4 hinzuzufügen, nach der ausländische Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen keine Kammermitglieder werden, was der BDPA als Schritt in die richtige Richtung begrüßt.

Zu der Anhörung am 24. April 2024 liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP hierzu vor, wonach keine weitere Kammermitgliedschaft mehr entstehen soll, wenn sich die Geschäftsführungsbefugnis auf den eigenen Beruf begrenzt. Auch hierin sieht der BDPA einen Schritt in die richtige Richtung. Der BDPA hat jedoch Bedenken, ob sich das Gesetzgebungsziel hiermit erreichen lässt. Ferner scheint diese Regelung in der Praxis schwer umzusetzen zu sein:

Hintergrund der Einführung der erweiterten Kammermitgliedschaft war die zeitgleich erfolgte Erweiterung der sozietätsfähigen Berufe, beispielsweise auch auf Ärzte, Architekten und Ingenieure. Es sollte damit eine umfassende berufsrechtliche Aufsicht gewährleistet werden.

Mangels entsprechender Einschränkung erfassen § 53 Abs. 2 Nr. 3 PAO und § 60 Abs. 2 Nr. 3 BRAO sämtliche Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen zugelassener Berufsausübungsgesellschaften, also auch jene Berufsgruppen, die in ihren jeweils eigenen Berufskammern bereits selbst einer entsprechenden Berufsaufsicht unterliegen. Hierdurch kommt es zu Doppel- bzw. (insbesondere, wenn die Gesellschaft auch Steuerberatergesellschaft ist) Mehrfachmitgliedschaften von Berufsträgern in unterschiedlichen Berufskammern. Eine Notwendigkeit gibt es dafür nicht, da jeder dieser Berufsträger bereits Mitglied in „seiner eigenen“ Kammer ist und unter deren Aufsicht steht. Dieses war so vom Gesetzgeber auch nicht gewollt.

Der oben genannte Änderungsantrag will hier Abhilfe schaffen, stellt aus unserer Sicht allerdings aus folgenden Gründen kein geeignetes Abgrenzungskriterium dar:

  1. Die Geschäftsführungsbefugnis betrifft sämtliche Aspekte der Geschäftstätigkeit und somit unter anderem die Planung und Umsetzung organisatorischer und personeller Maßnahmen. Sie lässt sich schlichtweg nicht auf den eigenen Beruf begrenzen.
  2. Wenn einzelne Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgangen von Berufsausübungsgesellschaften infolge einer einzigen Kammermitgliedschaft in ihren Befugnissen auf den jeweiligen Beruf beschränkt wären, wäre eine gemeinsame Leitung der Gesellschaft durch alle Gesellschafter nicht mehr möglich.
  3. Sozietätsverträge müssten in dieser Hinsicht entsprechend gestaltet und gelebt werden, was zu einem erheblichen Aufwand führt.

Wir schlagen daher vor, die Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen zugelassener Berufsausübungsgesellschaften, die bereits als Person Mitglied einer Kammer eines freien Berufs sind, für den eine vergleichbare Berufsaufsicht gegeben ist, von der Mitgliedschaft in einer anderen Kammer auszunehmen.